«Auch Tränen gehören dazu»

Vor einem Jahr hat RoadCross Schweiz Gruppen zur Trauerbewältigung für Angehörige von Unfallopfern lanciert. Roger Weber, Leiter der Unfallbewältigung, zieht ein erstes Fazit.

Die Angehörigengruppen von RoadCross Schweiz sind hierzulande ein Novum. Wie haben Sie das erste Jahr erlebt?
Die Rückmeldungen aus der Gruppe waren stets sehr positiv. Zudem konnten wir richtiggehend spüren, wie im Kopf der Angehörigen durch die Gruppensitzungen ein Prozess in Gang gesetzt wurde. Sie packten Dinge an, zu denen sie sich während der Treffen haben inspirieren lassen. Eine wichtige Voraussetzung dafür war bestimmt die Intimität der Gruppen, die mit jedem Treffen etwas grösser wurde.

Welche Hintergründe haben die Menschen, die sich für die Gruppensitzungen anmelden?
Meistens handelt es sich um Eltern, die ein Kind in einem Unfall verloren haben oder um Menschen, die um ihren Partner trauern.

Fürchten Sie keinen negativen Effekt, wenn Angehörige in den Gruppen ihre schlimmsten Momente neu durchleben müssen?
Die Gespräche wühlen zweifellos auf und konfrontieren die Angehörigen automatisch mit ihren Erinnerungen. Natürlich fliessen in solchen Momenten auch Tränen. Das gehört aber dazu und soll seinen Platz haben. Schlussendlich kommen die Betroffenen in die Gruppentreffen, weil sie das Bedürfnis haben, mit anderen Menschen über den Unfall und ihren Umgang damit zu sprechen, dies in ihrem gewohnten Umfeld aber nicht genügend oder nicht mehr können. Den Austausch in der Gruppe empfinden sie deshalb als besonders wertvoll.

Wie sind die Reaktionen der Teilnehmenden nach den Treffen?
Meist herrscht im Anschluss eine nachdenkliche und doch gelöste Stimmung. Insbesondere dann, wenn sich die Teilnehmer bereits besser kennen. Was mich besonders beeindruckt ist die Motivation, mit der die Angehörigen Themen der Gruppe im Alltag umsetzen. Beispielsweise ist in einem Treffen das Thema «Zimmer des verstorbenen Kindes» angesprochen worden. In der nächsten Sitzung kam eine Teilnehmerin auf mich zu und berichtete mir, sie habe das Kinderzimmer aufgeräumt und es habe ihr gut getan. Das ist eindrücklich.

Wie geht es mit dem Angebot weiter?
Wir müssen das Angebot stärker bekannt machen. Schliesslich möchten wir alle Betroffenen erreichen, um ihnen die Option eines Austauschs in der Gruppe aufzuzeigen. Damit wir möglichst vielen Angehörigen helfen können, in einen gesunden Alltag zurückzufinden.

Austausch hilft bei Bewältigung im Alltag
RoadCross Schweiz ermöglicht es Angehörigen von Verkehrsunfallopfern, sich mit Gleichbetroffenen in Gruppen auszutauschen. Der Austausch fördert bei den Gruppenteilnehmern einen aktiven Umgang mit der eigenen Trauer und hilft ihnen, den Alltag besser zu bewältigen. Das Angebot ist kostenlos. Die Treffen finden an verschiedenen Standorten in der Schweiz statt. Interessierte können sich via HelpLine unter 044 310 13 13 bei RoadCross Schweiz melden.