«Dieses Gerichtsurteil ist viel zu milde. Das ist doch nicht gerecht!»

„Der Sinn der Gerechtigkeit ist nicht, Gleichheit zu schaffen, sondern jedem das Seine zu geben.“

(Aristoteles, ca. 350 v. Chr.)

Dieses Zitat von Aristoteles verdeutlicht, dass Gerechtigkeit weit mehr ist als die bloße Anwendung von Regeln. Es zeigt, dass Urteile darauf abzielen sollten, individuelle Umstände und Verhältnisse zu berücksichtigen, um eine faire und ausgewogene Entscheidung zu treffen. Im Kern geht es bei Gerechtigkeit um die angemessene Behandlung jedes Einzelnen.

Gesetze schaffen Ordnung – doch sie garantieren nicht, dass sich die Urteile für alle Beteiligten gerecht anfühlen.

Genau hierin liegt die Herausforderung: Was für den einen gerecht erscheint, kann für den anderen als untragbar oder unzureichend wirken. Urteile treffen selten auf ein einheitliches Empfinden, da sie nicht nur das Gesetz, sondern auch moralische, gesellschaftliche und emotionale Erwartungen berühren. Zudem beeinflusst die mediale Berichterstattung, wie ein Urteil wahrgenommen wird. Während die Justiz auf rechtlichen Grundlagen sowie auf Strafzwecken wie Prävention oder Resozialisierung basiert, erwarten viele Menschen eine Strafe, die ihrer persönlichen Vorstellung von Gerechtigkeit entspricht. Dieses Spannungsfeld zwischen objektiver Rechtsfindung und subjektivem Gerechtigkeitsempfinden ist Kern vieler Debatten – und spiegelt den menschlichen Wunsch wider, nicht nur rechtmäßig, sondern auch fair behandelt zu werden.

Fällt ein Urteil für die Beteiligten nicht wie erwartet oder erhofft aus und als ungerecht empfunden wird, kann dies sehr belastend und herausfordernd sein, insbesondere für die Opfer von Delikten. Nachfolgend finden Sie einige Überlegungen, die hilfreich sein können, wenn man selbst das Gefühl hat, von einem Gerichtsurteil ungerecht behandelt worden zu sein.

Gerichtsurteile – emotionale Gerechtigkeitsempfindung

Bei Gerichtsurteilen zu Verkehrsdelikten steht nicht primär die Gerechtigkeit oder die Kompensation des Leids der Opfer (beispielsweise bei Personenschäden oder Unfalltod) im Fokus. Die Höhe des Strafmaßes wird durch verschiedene Faktoren bestimmt, wobei zentral die Verletzung spezifischer Gesetzesartikel ist. Weitere Aspekte sind die Ursachen des Unfalls (z. B. Unaufmerksamkeit, Raserei, Alkohol- oder Drogenkonsum, Grobfahrlässigkeit), die Aussagen aller Unfallbeteiligten, der Polizeibericht (einschließlich Fotos, Verkehrssituation und Sachschäden) sowie frühere Delikte der Angeklagten.

Das persönliche, emotionale Gerechtigkeitsempfinden kann stark vom juristisch festgelegten Strafmaß abweichen. Es ist wichtig, sich dieses Unterschieds bewusst zu sein, bevor weitere Schritte erwogen werden. Ob ein Einspruch gegen ein Urteil oder einen Strafbefehl sinnvoll ist, hängt von der jeweiligen Situation ab. Dabei sollten auch die möglichen Kosten für Gerichtsverfahren, Anwaltsgebühren und andere Ausgaben berücksichtigt werden.

Wir empfehlen sich mit einem Fachanwalt zu beraten oder unser Beratungsteam für eine erste Einschätzung zu kontaktieren, um zu prüfen, ob sich ein Einspruch lohnt.

Bei emotionaler Empfindung von Ungerechtigkeit können die nachfolgenden Fragen zur Selbstreflektion unterstützend sein:

  • Was löst der Gerichtsentscheid, bzw. das Strafmass des Verursachers in mir als Opfer für Gedanken und Gefühle aus?
  • Welche Gefühle steigen jetzt in mir hoch?
  • Kann ich diese Emotionen selbst händeln oder könnte es unterstützend sein dazu gezielt Hilfe zu holen?
  • Hilft es mir, mit jemandem darüber zu reden (Familie, Freunde, Bekannte) oder auch mit einer Fachperson (einem Therapeuten oder Psychologen, etc.)?

Die persönliche Verarbeitung eines Unfalls – insbesondere bei schweren Personenschäden – ist oft langwierig und belastend. Gerichtliche Entscheidungen, wie die Bekanntgabe des Strafmasses, können Betroffene auch nach Monaten oder Jahren erneut aufwühlen und Retraumatisierungen auslösen. Es braucht Zeit, um solch schwerwiegende Ereignisse ins eigene Leben zu integrieren und das Geschehene als Teil der Realität anzunehmen.

Weitere Möglichkeiten, wenn das Gefühl auftaucht, dass ein Gerichtsentscheid unfair ist:

  1. Rechtsberatung einholen: Es kann hilfreich sein, einen Fachanwalt zu konsultieren, der Ihnen die rechtlichen Möglichkeiten und Risiken aufzeigt. Er kann Ihnen helfen, die Gründe für das Urteil zu verstehen und einschätzen, ob Chancen bestehen, dagegen vorzugehen.
  2. Berufung einlegen: In vielen Fällen haben Sie das Recht gegen ein Urteil Berufung einzulegen. Dies muss jedoch innerhalb einer bestimmten Frist erfolgen. Es ist wichtig, die genauen Verfahren und Anforderungen zu kennen.
  3. Beweise sammeln: Wenn Sie den Eindruck haben, dass das Urteil auf unvollständigen oder falschen Informationen basiert, kann es sinnvoll sein, zusätzliche Beweise oder Zeugenaussagen zu sammeln, die Ihre Position unterstützen.
  4. Emotionale Unterstützung: Es kann auch unterstützend sein mit Freunden, Familie oder einem Therapeuten über Ihre Gefühle zu sprechen. Der Umgang mit einem als ungerecht empfundenen Urteil kann emotional sehr herausfordernd sein. Gerne unterstützen wir Sie bei der Suche nach einem Therapeuten oder einem geeigneten Therapieansatz.
  5. Öffentlichkeit suchen: In einigen Fällen kann es förderlich sein das Thema öffentlich zu machen, sei es durch Medien oder soziale Netzwerke, um auf mögliche Ungerechtigkeiten aufmerksam zu machen. Dies sollte jedoch mit Bedacht und unter Berücksichtigung der rechtlichen Konsequenzen geschehen.

Es ist wichtig, dass Sie sich nicht allein fühlen und die Unterstützung bekommen, die Sie benötigen. Gerne begleiten wir Sie in dieser schwierigen Zeit und geben Ihnen bei einem Austausch unterstützende Informationen.

Wir verfügen über ein breites Netz von erfahrenen und spezialisierten Fachanwälten und stellen bei Bedarf und Möglichkeit gerne den Erstkontakt her.